Das künstliche Auge – ein kurzer Rückblick

Der Wunsch, künstliche Augen herzustellen, ist wohl so alt wie die Menschheit selbst und zieht sich durch alle großen Kulturen der Vergangenheit.

Jahrhundertelang verwendeten Ägypter, Griechen und Römer viel Phantasie und Kreativität darauf, ihrem Ideal vom Spiegelbild der Seele in kunstvollen Nachbildungen näher zu kommen; auch die alten Chinesen fertigten aus Edelsteinen, Halbedelsteinen, Elfenbein, weißem Feldspat, Metalllegierungen, Porzellan und Glas künstliche Augen für Mumien, Statuen, Statuetten, Masken, Zierpuppen und Tierspielzeug.

Aristoteles (384-322 v. Chr.) erwähnt sogar Marionetten mit beweglichen Augen.

Der französische Wundarzt Ambroise Paré (1510-1590) beschreibt zwei Arten künstlicher Augen: das bemalte Ecblepharon (Vorlegeauge) und das realistischer aussehendere, unter die Lider geschobene Hipoblepharon (Einlegeauge).
Dem venezianischen Chirurgen Hieronymus Fabricius erscheinen bereits 1623 Glasaugen als \“ganz und gar\“ bekannt. Vermutlich anfangs nur in Venedig ausgeübt, breitete sich diese Kunst dann im 17. und 18. Jahrhundert nach Mitteleuropa aus. Um 1655 finden sich in Lyon gläserne Augen, deren sichtbare Seite mit eingebrannten Farben bunt bemalt ist. Für ebenmäßige Innenflächen sorgten bleibezogene Rückseiten.
1749 beschreibt Phil. Adam Haug in seiner Dissertation Kunstaugen als \“schön und täuschend\“. Zu dieser Zeit hatte Paris als Kultur- und Kunstmetropole die Führung auf dem Gebiet der Glasaugenherstellung übernommen. Das durch Bleioxyd weißgefärbte Glas war äußerst weich und wurde schnell rau. Dennoch waren diese Kunstaugen in ganz Europa begehrt und wurden teuer bezahlt, wie Hazard-Mirault um 1820 berichtet.

In Deutschland trugen der Würzburger Medicus Prof. Adelmann (1807-1884) und der Lauschaer Glasbläser Ludwig Müller-Uri (1811-1888) entscheidend zur Entwicklung einer exakten gläsernen Prothese bei.

Angeregt durch perfekte Puppen- und Tieraugen, die in Lauscha hergestellt worden waren, kontaktierte Adelmann den dort ansässigen Müller-Uri und inspirierte ihn zur Entwicklung eigener Glasaugen.

1835 erzielte Müller-Uri erste Erfolge; wenige Jahre später erreichten seine Produkte die Qualität der Pariser Augen und übertrafen diese bald an Schönheit. In Zusammenarbeit mit anderen Glasmeistern kam es 1868 mit der Erfindung des Kryolithglases zu einem Meilenstein in der Geschichte der Augenprothetik. Seine Vorzüge erfüllten alle medizinischen und optischen Anforderungen optimal – bis auf den heutigen Tag.

Etwa seit der Zeit des zweiten Weltkrieges werden auch Augenprothesen aus Kunststoff hergestellt. Zum einen gab es in den USA die technischen Möglichkeiten für diese Entwicklung, zum anderen bestand aufgrund des Krieges die Notwendigkeit, Alternativen zum Glasauge zu finden, da das Glas aus Deutschland nicht mehr zur Verfügung stand.

Kunststoffprothesen werden aus dem medizinischen Kunststoff PMMA gefertigt. Dazu sind verschiedene Arbeitsgänge wie Drehen, Fräsen, Polieren, Bemalen, Schmelzen und Kleben nötig. Die Herstellung einer Augenprothese aus Kunststoff ist teurer als einer aus Glas. Kunststoffprothesen sind bruchfest und können im Gegensatz zu Glas nachpoliert und auch sonst nachbearbeitet werden. Kunststoffprothesen sind insgesamt dauerhafter und haben eine Tragezeit von 2 bis 4 Jahren.

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